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Bedauerns-, Dankes- und gute-Wünsche-Formel im Zeugnis sollten sich Arbeitnehmer bereits in Aufhebungsverträgen und Vergleichen sichern

Anmerkung zu Landesarbeitsgericht Düsseldorf vom 12.01.2021, Az. 3 Sa 800/20

Was ist geschehen?

Arbeitnehmer und Arbeitgeber führten einen Kündigungsschutzprozess und beendeten diesen mit einem gerichtlichen Vergleich, der neben einer Abfindungszahlung die Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses regelte. Der Arbeitnehmer erhielt sodann vom Arbeitgeber ein qualifiziertes Arbeitszeugnis, jedoch ohne eine sog. Schlussformel des „Dankes“ und der „guten Wünsche“. Der Arbeitnehmer erhob daraufhin Zeugnisberichtigungsklage. Das Arbeitsgericht Mönchengladbach wies die Klage ab. Dagegen wehrte sich der Arbeitnehmer mit der Berufung beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf.

Wie hat das Landesarbeitsgericht Düsseldorf den Fall bewertet?

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf gab dem Arbeitnehmer bzgl. der Schlussformel des Dankes und der Zukunftswünsche recht. Der Rechtsanspruch des Klägers folge aus § 109 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 GewO i.V.m. § 241 Abs. 2 BGB.

Das Landesarbeitsgericht betonte hier, dass ein Arbeitgeber nach § 241 Abs. 2 BGB verpflichtet sei, dafür zu sorgen, dass die dem Arbeitnehmer aufgrund des Arbeitsverhältnisses gewährten Vorteile nicht wieder entzogen, geschmälert oder gefährdet werden dürfen. Bei einem qualifizierten Arbeitszeugnis geht es unter anderem darum, dass dem Arbeitnehmer eine in sich widerspruchsfreie und dem beruflichen Fortkommen förderliche Bescheinigung von Tätigkeit, Führung und Leistung im bisherigen Arbeitsverhältnis als eine wesentliche Unterlage für Bewerbungen und damit zur Förderung des beruflichen Fortkommens verschafft wird. 

Das Landesarbeitsgericht ist der Auffassung, dass dann, wenn das Arbeitszeugnis im Bereich der Schlussformulierung eine Lücke enthalte, sich aus der Rücksichtnahmepflicht des § 241 Abs. 2 BGB eine Anspruchsgrundlage ergeben könne, diese Lücke entsprechend zu schließen, soweit dem nicht berechtigte Interessen des Arbeitgebers entgegenstehen. 

Das Landesarbeitsgericht arbeitete zudem heraus, dass dieser Wohlwollensgrundsatz stets in einem Spannungsverhältnis mit dem sog. Wahrheitsgrundsatz steht. Denn kein Arbeitgeber ist verpflichtet, unwahre Tatsachen zu bescheinigen. 

Die Wahrheitspflicht ist durch die dem Arbeitnehmer zuzusprechende Formulierung von Dank und guten Wünschen nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts aber nicht verletzt. Das Landesarbeitsgericht hat sich nämlich auf den Standpunkt gestellt, dass wahr oder unwahr nur Tatsachen sein können, nicht Höflichkeitsformen wie ein Dank oder gute Wünsche. Daher überzeuge nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht, wonach der Arbeitgeber nicht zum Ausdruck von persönlichen Empfindungen verpflichtet werden kann. 

Als Vergleich zieht das Landesarbeitsgericht heran, dass beispielsweise auch ein Kundenbetreuer als Arbeitnehmer vom Arbeitgeber wirksam angewiesen werden dürfte, übliche Höflichkeitsfloskeln wie „Danke für Ihren Anruf / Auftrag“ etc. und „beste Grüße / Wünsche“ etc. am Ende eines Kundengesprächs zu verwenden. 

Es sei, so das Landesarbeitsgericht weiter, ein Gebot von Anstand und Höflichkeit, sich selbst für eine durchschnittliche Leistung und ein entsprechendes Verhalten im Arbeitsverhältnis an dessen Ende zu bedanken. Erst recht gelte dies, wie in dem zu entscheidenden Fall, bei deutlich überdurchschnittlichen Leistungen. Das gleiche gelte für die guten Zukunftswünsche.

Wie ist die Entscheidung einzuordnen?

Das Urteil ist zwar sehr zu begrüßen. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf bleibt insofern seiner Linie treu (in die gleiche Richtung geht auch das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 02.04.2019, Az.: 2 Sa 187/18). Das Bundesarbeitsgericht sieht die Sache aber bislang anders (vgl. BAG vom 11.12.2012, Az.: 9 AZR 227/11; BAG vom 20.02.2001, Az.: 44/00). Eine Änderung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist derzeit auch nicht absehbar. Arbeitnehmer sollten sich daher weiterhin von vornherein, sei es im Aufhebungsvertrag oder im gerichtlichen Vergleich im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses, ihre gewünschten Formulierungen im Zeugnis sichern. Dies ist ohne Weiteres rechtlich möglich, zum Beispiel durch Übertragung der sog. Formulierungshoheit auf den Arbeitnehmer. Das Bundesarbeitsgericht hat in Bezug auf gerichtliche Vergleiche auch aufgezeigt, wie solche Formulierungswünsche so gesichert werden können, dass diese im Streitfall  – ohne eine erneute zeit- und kostenintensive Klage – vollstreckt werden können. 

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